Aus aktuellem Anlass

In der Spielzeit 2024/25 spürt das Theater Oberhausen dem Erinnern nach und fragt: Was wirkt weiter fort, obwohl es vergangen scheint, verarbeitet oder vergessen wurde?
Geschichte trifft auf unsere Gegenwart und sieht ihr manchmal zum Verwechseln ähnlich. Gleichzeitig rückt das Vergangene unaufhörlich weiter von uns weg und auch die Zukunft ist noch nicht in Sicht. In unserer absoluten Gegenwart bedeutet eine Kultur des Erinnerns einen aktiven Blick auf das Jetzt.
Einmal im Monat lädt die Dramaturgie des Theaters Oberhausen Menschen in unsere Bar ein, die unsere Zeit in den Fokus nehmen, die Geschichte erlebbar machen, Kontinuitäten nachspüren, die ihre Finger in die Wunden legen oder unsere Gegenwart erweitern – immer aus aktuellem Anlass.
Die konkreten Termine können Sie dem gedruckten Monatsprogramm entnehmen.

Aktuelle ANlässe

AUS AKTUELLEM ANLASS 1: SOUNDS OF ALMANYA

Ozan Ata Canani ist personifizierte Gastarbeitergeschichte in Deutschland. Früher nur auf Musikkassetten weitergereichte Lieder wie „Deutsche Freunde“ werden seit einigen Jahren wiederentdeckt. Wir freuen uns, die deutsch-türkische Musiklegende in unserem neuen Format AUS AKTUELLEM ANLASS 1: SOUNDS OF ALMANYA in der Bar begrüßen zu dürfen. Er wird dabei eine Auswahl seiner Songs spielen und mit uns über die musikalische Kultur der Gastarbeiter:innen sprechen. Uns erwartet ein Abend voller Musik und (deutscher) Geschichte.

Ozan Ata Canani, 1963 in der Türkei geboren. Erst als sein Vater dem 12-jährigen Jungen eine Bağlama (Saz) schenkte, war er bereit, mit nach Deutschland zu ziehen. Bereits in jungen Jahren begann er, Lieder zu schreiben, deren türkische und deutsche Texte sich mit akuten Problemen und Sorgen befassten. Canani wurde damit zum Sprachrohr der Gastarbeitergeneration und setzte sich in seinen Songs mit Themen wie Arbeits- und Lebensbedingungen, Ausgrenzung und Heimweh auseinander.

Fr, 13.09.2024, 19:30 Uhr, Bar, Eintritt frei

AUS AKTUELLEM ANLASS 2: STAATSGEWALT

Das Gemeinschaftswerk investigativer Journalist:innen zeigt auf, dass es dem Rechtsstaat bisher nicht gelingt, sich wirksam gegen Reichsbürger, Rechtsradikale und Anhänger von Verschwörungstheorien zu wappnen. Rechte Netzwerke werden als Einzelfälle abgetan, während die Gefahr von rechts immer virulenter wird. Heike Kleffner, Journalistin und Herausgeberin des Sachbuchs Staatsgewalt, analysiert im Gespräch mit dem Autor und Theologen Stephan Anpalagan, wie rechtsradikale Netzwerke die Sicherheitsbehörden unterwandern.
OKTOBER 2024

AUS AKTUELLEM ANLASS 3: RUHRSPUREN

Wie verbindet sich Erinnerungskultur mit lokaler Geschichte? Welche Spuren der Vergangenheit finden sich in den Zechen, Städten und den Biographien des Ruhrgebiets? Was macht der Aufstieg und Fall einer Industrie mit dem kollektiven Gedächtnis einer Region? Und wie erinnert man sich mitten im Strukturwandel? In lokalen Archiven spüren wir der Vergangenheit nach, genau hier, und untersuchen die Erinnerungen unserer heterogenen Metropole.
NOVEMBER 2024

AUS AKTUELLEM ANLASS 4: THE REST IS HISTORY

Die Erinnerungskultur steht immer wieder unter Bedrängnis – sie würde die deutsche Schuld fetischisieren, sich sogar über die politische Gegenwart legen und Deutschland zu einem unzurechnungsfähigen Akteur machen. Dabei beginnt die große Aufgabe des Erinnerns an den Holocaust erst jetzt, da die letzten Zeitzeug:innen ihre Überlebensgeschichte nicht mehr selbst erzählen können und ein neuer Patriotismus politischen Aufwind erfährt. Mit Gästen aus Kultur und Wissenschaft diskutieren wir: Wie kann das Erinnern eine Zukunftsstrategie sein und wie bewahren wir das Erinnerte?
DEZEMBER 2024

AUS AKTUELLEM ANLASS 5: DIE LETZTEN MÄNNER DES WESTENS

Der Investigativ-Autor Tobias Ginsburg reiste durch Deutschland, die USA, Polen und durch das Internet. Er traf auf patriarchale Männerbünde, faschistische Rapper, Online-Trolle und Burschenschaftler und stellte fest: Ein verbindendes Element all dieser neurechten und altrechten Milieus ist der Antifeminismus, Frauenhass. Über ein Jahr lang versucht Ginsburg undercover herauszufinden, woher all die Angst und all der Hass rühren. Seine Lesung führt in eine eigene Welt: die der „letzten Männer des Westens“.
JANUAR 2025

AUS AKTUELLEM ANLASS 6: ERINNERUNGSERBE

Die Autorin Daniela Dröscher spürt in ihren Texten vielen Formen der Erinnerung nach: vagen Kindheitserinnerungen, manifesten Familienerinnerungen, losen Körpererinnerungen. Dabei nimmt sie stets eine literarische Distanz ein und erzählt in Lügen über meine Mutter eine konkrete Geschichte, die für viele Leben stehen könnte. Mit Daniela Dröscher sind wir im Gespräch zum Genre der Erinnerungsliteratur: Wie lässt sich Erlebtes in Worte fassen, welche Wirkmacht hat die Fiktion für das Erinnern?
FEBRUAR 2025

AUS AKTUELLEM ANLASS 7: DIE GUTEN UND DAS BÖSE

Wenn wir das Böse aufgearbeitet haben, sind wir dann endlich alle gut? In seinem Deutschland-Essay untersucht Autor Lukas Hammerstein den Umgang der Deutschen mit ihrer Vergangenheit. Er seziert Schnittmengen des pflichtbewussten Aufarbeitens und der moralischen Selbsterhöhung, beobachtet Gerichtsprozesse mit den gealterten Tätern genauso wie den popkulturellen Zeitgeist der Jungen und bleibt dabei den Kontinuitäten stets auf der Spur. In seiner Lesung wirft Hammerstein einen komplexen Blick auf die Themen Schuld und Moral und die Ambivalenz in uns selbst.
MÄRZ 2025

AUS AKTUELLEM ANLASS 8: FRAGMENTED MEMORIES

Kann Erinnern eine Kunstform sein? Mit Künstler:innen aus Südosteuropa gehen wir der Frage nach, welche Geschichten erzählt werden müssen, um die Linearität von Geschichtserzählungen aufzubrechen. Kunst dokumentiert nie eindeutig, muss keiner Chronologie folgen, kann sogar die Richtung der Zeit wechseln. Gleichzeitig finden sich in Südosteuropa weite Landschaften nicht geborgener Erinnerungen. Kann Kunst als Archäologie gegen das Vergessen wirken?
APRIL 2025

AUS AKTUELLEM ANLASS 9: TAG DER BEFREIUNG

„8. Mai 1995 – Die Freiheit hat Geburtstag!“ steht auf einem schon lange dort klebenden Sticker in der Teeküche der Dramaturgie. Aber wer wurde am 8. Mai eigentlich von wem befreit? Wurden wir womöglich von unserer Erinnerung befreit?
Den Kontinuitäten seit 1945 folgend, fragen wir, wie frei unsere Gesellschaft eigentlich heute ist. Frei von Rassismus? Frei von Ressentiments und Diskriminierung? Wie kann der 8. Mai uns erinnern, für die Freiheit der Vielen in unserer Gesellschaft einzustehen?
MAI 2025

AUS AKTUELLEM ANLASS 10: JUNG JÜDISCH DEUTSCH

Mit dem 7. Oktober 2023 ist „das jüdische Leben“ in Deutschland wieder in einen Fokus gerückt. Wieder fühlen sich Jüdinnen und Juden unsicher. In Masel Tov Cocktail kämpft die Hauptfigur Dima gegen die ständige Reduzierung seines Jüdisch-Seins auf die Themen Holocaust, Schuld und Nah-Ost. Wie können wir einen komplexen Blick auf jüdisches Leben in Deutschland in all seiner Vielfalt werfen, ohne die Präsenz und die Gefahr von Antisemitismus zu ignorieren? Eine Identitätssuche.
JUNI 2025