Die Brücke von Mostar

Die Brücke von Mostar

von Igor Memic
IN DER ÜBERSETZUNG VON JOHN BIRKE
FIRST PRODUCED BY PAPATANGO THEATRE COMPANY
Premiere 15.09.23
Dauer ca. 1 Stunde 45 Minuten
Schauspiel
Großes Haus
Deutschsprachige Erstaufführung
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Die Geschichte von Emina, genannt Mina, beginnt im Sommer 1988. Die Sonne brennt – nur die alte Brücke wirft einen schmalen Schatten. Tourist:innen strömen in das verschlafene bosnische Städtchen Mostar, um die Sprünge von dem jahrhundertealten Bauwerk zu bejubeln. Mina und ihre besten Freund:innen Sasha und Leila beobachten den unbeholfenen Versuch eines Zugezogenen: Mili kommt aus dem katholischen Kroatien und will in der Stadt sesshaft werden. Er verliebt sich Hals über Kopf in Mina. Das Leben der Clique mutet zunächst wie eine osteuropäische Coming-of-Age-Geschichte an, doch der Zerfall des jugoslawischen Staatenbundes leistet nationalen und ethnischen Konflikten zunehmend Vorschub. Was mit der Verbreitung von Klischees beginnt, steigert sich über einen Anschlag auf die benachbarte Moschee bis hin zum offenen Kampf. Der Bosnienkrieg dringt unnachgiebig in das Dorf, und das unbeschwerte Leben der jungen Erwachsenen verändert sich schlagartig. Nichts ist mehr wie vorher – in ihrem kleinen Apartment versuchen die jungen Menschen die Zeit zu überstehen und zu überleben, während es auf den Straßen immer gefährlicher wird. Selbst die Beschaffung von Nahrungsmitteln wird irgendwann zum Risiko. Trost spenden ihnen lediglich die Pop-Songs ihrer Jugend und die auf Polaroid gebannten Erinnerungen an eine unschuldigere Zeit.

Der britisch-bosnische Autor Igor Memic verarbeitet mit Die Brücke von Mostar (Old Bridge) die Umbrüche seiner Heimat – nach dem Tod Titos münden ethnische, religiöse und nationalistische Spannungen in den 1990er Jahren im Bosnienkrieg. Anstelle einer politischen Gesamtbewertung richtet Memic seinen Blick auf den Alltag einer Clique, die trotz ihrer verschiedenen ethnischen Zugehörigkeiten zusammenhält und deren Zukunftsträume brutal vernichtet werden. Die Geschichte von Memics Protagonist:innen verdeutlicht eindrücklich die willkürliche Gewalt, der eine unschuldige Zivilbevölkerung während eines Krieges ausgesetzt ist, und die Traumata, mit denen sie am Ende zurückgelassen wird.

Extra

  • Einführung 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn in der Bar
  • Matinee mit Dramaturgie und dem Regieteam am Sonntag, 10.09.2023 um 11.00 Uhr in Bar
  • Nachgespräch am Freitag, 24.11.2023 um 21:30 Uhr in der Bar: Am Vorabend des bosnisch-herzegowinischen „Tages der Staatlichkeit“ werden wir im Anschluss an die Vorstellung von Die Brücke von Mostar gemeinsam ins Gespräch kommen. Neben der Erläuterung der komplexen Landesgeschichte betrachten wir die aktuelle Situation. Als Gesprächspartner:innen werden Dr. Markus Koller (Professor für die Geschichte des Osmanischen Reichs und der Türkei), Samir Čorkadi (BiH Looks Around Film Festival) und Simin Soraya (Ensemble) zu Gast sein. Anschließend gibt es ein Get-Together, mit bosnischen Spezialitäten und Getränken.
    Višnja Lončar (Generalkonsulin im Generalkonsulat von Bosnien und Herzegowina in Frankfurt am Main) musste ihre Teilnahme am Nachgespräch aus terminlichen Gründen absagen.

Team

Regie
Bühne
Kostüme
Komposition/Sounddesign
Dramaturgie

Bilder

TRAILER

EINFÜHRUNG

Pressestimmen

„In dieser von Regisseurin Anne Bader und Dramaturg Jascha Fendel erarbeiteten Inszenierung stimmt alles, und das eindrucksvolle Stück ist absolut sehenswert. Interessant: Alle Beteiligten, vom Autor über die Schauspieler:innen bis zum Theaterteam, scheinen kaum älter als Mitte dreißig, was hieße, dass sie den Jugoslawienkrieg kaum bewusst mitbekommen haben dürften. Umso bedeutender die Erinnerungsarbeit, die sie alle gemeinsam leisten.“ Karin Yeşilada, nachtkritik.de

„Anne Bader hat das Stück am Theater Oberhausen inszeniert, das sich unter der Intendanz von Kathrin Mädler intensiv um Ur- und Erstaufführungen bemüht. Igor Memic schreibt klare, lebensnahe Dialoge. Er interessiert sich für seine Figuren. Seine Zuspitzungen richten sich auf die menschliche, emotionale Seite, nicht auf ein ideologisches Unterfutter welcher Provenienz auch immer. Davon ist Die Brücke von Mostar weit entfernt, und gerade darin liegt das politische Format des Stücks. Politik ist nicht Ideologie. Das spiegelt die Oberhausener Inszenierung wider, in ästhetischer Klarheit und hoher Emotionalität.“ Martin Krumbholz, Süddeutsche Zeitung