Herzland

Liebes Publikum, liebe Oberhausener:innen, liebe Theaterbegeisterte,

Die Reise ins Herzland ist eine Reise zum Eigentlichen. Aber was ist das Eigentliche? Worum geht es uns – im Leben, in unserer Welt, in der Gesellschaft, der Familie, in Oberhausen, in unserem Land, in Europa?
Die Karte des Herzlandes ist nicht nur mit dem Verstand zu zeichnen. Sie zu beschreiben braucht Mut, Wärme und Empathie. Es braucht Kampfgeist – auch wenn es eben nicht darum geht, Gebiete zu erobern und Grenzen zu ziehen, sondern diese zu überschreiten, Offenheit auszuhalten und das wirklich Wichtige zu verteidigen.
Theater ist für uns Herzland. Ein Ort, an dem wir zusammen sind. Ein Ort, an dem wir uns Geschichten erzählen. Ein Ort, an den wir einladen, um etwas zu erleben. Ein Ort, an dem wir uns verständigen oder streiten. Oder einfach nur still sind und zuschauen. Zuhören. Das Theater Oberhausen möchte ein pulsierender Ort sein in unserer Stadt. Ein leuchtendes Herz, das uns (mit) am Leben erhält.

UND MEIN HERZ.
3 KILO REINE MUSKELMASSE,
DA KANN WIRKLICH NICHTS MEHR SCHIEF GEHEN.

NO SHAME IN HOPE

In dieser Spielzeit möchte wir Sie einladen, mit uns ins Herzland zu reisen. Ein Land, dessen Karte wir immer wieder neu zeichnen müssen, auch wenn sie offen vor uns liegt: Trotz all dem, was gerade nebulös und krisenhaft und unheimlich wirkt, ist der Weg ins Herzland klar. Er führt da entlang, wo die Kraft des Erzählens ist, die Wärme und die Dringlichkeit. Er ist da, wo Dinge Sinn machen. Und er führt entlang der richtigen Fragen. Die Reise ins Herzland kann auch eine in das Herz der Finsternis sein, der wir uns stellen.

IM ALLERLETZTEN AUGENBLICK DIESES ABENDS,
MEINE DAMEN UND HERREN,
STERBE ICH VOR IHNEN, VOR IHREN AUGEN.

ICH ZITTERE (1 und 2)

Im Herzland finden die entscheidenden Momente statt, die wir sonst leicht verpassen, weil sie so flüchtig sind. Aber auch Momente des Schmerzes und Momente am Abgrund, der sich plötzlich auftut. Das Wissen um die Sterblichkeit, das uns in den letzten Jahren so eindrücklich vor Augen geführt wurde, lässt uns im Theater Geschichten erzählen, um zu überleben: Das Theater ist ein heiterer Ort, denn am Schluss stirbt der Conférencier in Ich zittere (1 und 2) von Joël Pommerat eben nicht. Er geht in die Garderobe und hat den Tod wieder einmal besiegt. Und das Publikum mit ihm. Gemeinsam wollen wir Geschichten vom Leben hören. Geschichten, die nicht nur Narrative sind, sondern große magische Theatergeschichten, die uns ein Zuhause geben in der Unübersichtlichkeit.
Das Theater soll der Ort sein, an dem wir noch staunen können. Und lieben. An dem wir Geheimnisse teilen und uns feierlich fühlen, weil wir zusammen sind.

LEUTE TUN GUT.
UNSER LEBEN IST JA SONST NICHTS ANDERES.
EIN MENSCH SEIN, ZUSAMMEN MIT ANDEREN MENSCHEN.
DAS IST ALLES

ZEIT FÜR FREUDE

Wenn wir nicht alleine sind, ist der Schmerz kleiner. Das wissen die Figuren in Arne Lygres Stück Zeit für Freude. Und das wissen wir, die wir nach der Pandemie-Zeit die Begegnung suchen und die wir im Krieg zur Ukraine solidarisch stehen. Aber das Zusammensein, das wir im Theater finden, ist nicht nur ein emotionaler Zustand und die Empfindung von Nähe in kühler Zeit. Es ist auch demokratischer Akt: Die Frage, wie wir zusammenleben wollen und was uns überhaupt noch zusammenhält, zielt auch auf das Einander-Aushalten – nicht nur politisch. An Orten wie dem Theater üben wir die demokratische Kultur, die unterschiedliche Meinungen erträgt und verhandelt. Wir ringen miteinander um die Sicht auf die Welt und um Zugewandtheit. In aller Unterschiedlichkeit. Auch mit Humor.

ICH MUSS ALLES ERZÄHLEN.
ERST WENN ALLES GESTANDEN IST, KANN DER SCHMERZ üBERWUNDEN WERDEN UND DAS LEBEN UNBESCHWERT WEITERGLEITEN.

SERENADE FÜR NADJA

Die Demokratien wanken, wir verspüren unfassbare Rückschritte in autokratische Strukturen. Ein „Herzland Europa“, tief verankert in der Gemeinsamkeit der Vielfalt, erscheint wie eine ferne Utopie. Wir richten in den Stücken dieser Spielzeit unseren Blick auf dieses Europa und seine Geschichte, um zu begreifen, was uns auseinandertreibt. Und um nicht zu vergessen, was alle verbinden könnte, wenn sie sich großzügig begegnen. Denn die Kartographie des Herzlandes soll sich vom Theater aus weiten: Auf unsere Stadt, auf unser europäisches Projekt, auf unseren Globus – den wir mit mehr Zuneigung achten müssen.

DRAG IST PROTEST

THE LEGEND OF GEORGIA MCBRIDE

HERZLAND beschreibt auch das Theater, das wir für Sie machen möchten: Ein wildes, aufregendes und spielfreudiges Theater. Mit heißem Herzen, mit scharfem Verstand, mit politischer Haltung, mit Intensität und Emotion. Aber auch mit aller Dringlichkeit in den Inhalten. Die Geschichten, die wir am Theater Oberhausen erzählen, müssen aus unserer Sicht erzählt werden. Die Figuren müssen zu uns sprechen, die Themen müssen verhandelt werden.
Der Spielplan 2023/24 ist wieder ein Spielplan der Zeitgenossenschaft, denn wir sind überzeugt, dass die Fragen des Augenblicks so groß sind, dass sie direkt und unvermittelt Eingang finden müssen in die Kunst und ihren Weg auf die Bühne. Alle Stücke und Inszenierungen machen sich auf die Reise zum Kern der Fragen, zur Zukunft.
Und wir möchten uns unbedingt gemeinsam mit Ihnen auf diese Suche begeben!

Kathrin Mädler
Intendantin
& und das Team des Theaters Oberhausen